EU-Sozialunion – Chance oder Risiko für Europa

Ralph Sina, EU-Korrespondent und Leiter des WDR/NDR-Hörfunkstudios in Brüssel, der für die von Europa-Union und KAB organisierte Podiumsdiskussion zum Thema “EU – Sozialunion” extra aus der Hauptstadt Belgiens ins Bürgerhaus Baumberg nach Monheim gekommen war, begann die Veranstaltung mit einem hochaktuellen Kurzbericht zur Woche in Brüssel. Dabei gab er einen lebhaften Überblick über das Brexit-Drama aus Brüsseler Sicht, mit der noch immer nicht abgeschlossenen chaotischen Abstimmungsserie des britischen Unterhauses und dem offensichtlichen Kontrollverlust der Londoner Regierungschefin Theresa May. Sina lobte dabei die geschlossene Haltung der 27 EU Mitglieder gegenüber Großbritannien.

Foto: Europa-Union Monheim (v.l.n.r.) Severin Schmidt, Friedrich-Ebert -Stiftung; Silke Iffländer, DGB-Vorsitzende Kreisverband Mettmann; Ralph Sina, Leiter WDR/NDR Hörfunkstudio Brüssel; Manfred Klein, Europa-Union Monheim; Anne Gödde, Mitarbeiterin im Rednerdienst der Europäischen Kommission; Kerstin Hoffmann, KAB Langenfeld-Monheim

Im Vorfeld zu der gut besuchten Podiumsdiskussion hatten Manfred Klein (Europa-Union Monheim) und Kerstin Hoffmann (KAB) die Gäste gebeten, ihre Schwerpunktthemen durch Punktabgabe zu bewerten. In der Auswertung zeigte sich, dass “europaweite Alterssicherung” und “Mindestlöhne” die höchste Priorität erreichten. Beide Forderungen – so Anne Gödde, Mitglied im Rednerdienst der EU-Kommission - sind zwar Gegenstand der Säule sozialer Rechte, die feierlich auf dem Sozialgipfel im schwedischen Göteborg 2017 von führenden EU-Politikern proklamiert wurden. Es handele sich dabei jedoch eher um eine nicht einklagbare Auflistung von Zielen, da der Sozialbereich bisher in der Entscheidung der Nationalstaaten liege.

In der Podiumsdiskussion wurden Fragen der europaweiten Angleichung von Ausbildungssystemen und Berufsqualifikationen aufgeworfen. Hierzu verwies Silke Iffländer, Vorsitzende des DGB im Kreis Mettmann, auf europäische Fortschritte, da bereits heute z.B. viele Ärzte aus dem europäischen Ausland in Deutschland arbeiten. Im Pflegebereich allerdings schneidet Deutschland im EU-Vergleich sowohl bei der personellen Ausstattung als auch bei der Bezahlung der Pflegekräfte unterdurchschnittlich ab.

Severin Schmidt, Referent der Friedich-Ebert-Stiftung, macht auf die unterschiedlichen Mitbestimmungsstrukturen in Europa aufmerksam Durch die Möglichkeit für Unternehmen, ihren Firmensitz innerhalb der EU künftig leichter verlegen zu können, könnten sie bisher noch ihre Verpflichtungen gegenüber der Allgemeinheit und Arbeitnehmerrechte aushebeln (Mitbestimmungsflucht).

Fragen aus dem Publikum wurden von Frank Sina und den Podiumsteilnehmern präzise beantwortet und das Ergebnis fasste Manfred Klein zusammen: „Soziale Sicherung und faire Arbeitsplätze sind Chancen für Europa, die sich nur dann durchsetzen lassen, wenn aus der Europawahl im Mai diesen Jahres demokratische und pro-europäische Parteien gestärkt hervorgehen“.